Stephan Maus

Offener Brief an die Frauen (Hessischer Rundfunk)

Liebe FrauInnen,

könnt Ihr mal eben aufhören, Euch immer so mit dem Zeigefinger das Haar hinter die Ohren zu streichen; das Haar nach dreißig Sekunden dann wieder hervorfedern zu lassen; beim Tanzen die Augen zu schließen, so daß man illico in rotglühende Eifersucht kippt und auf der Stelle, sofort beim nächsten Beat, wissen will, an wen Ihr da eigentlich gerade denkt, an welchen Sepp denn jetzt nun schon wieder, und warum an den und nicht an mich; mit den Armreifen zu klimpern, wenn Eure Hände aus den Ärmelbündchen des eben übergezogenen und jetzt schon sehr sexy enganliegenden Nicki zum Vorschein kommen; mit leicht gekrümmtem ET-Zeigefinger in Slowmo über den feuchten Rand des Cognac-Schwenkers zu kreisen; Euch mit der Hand über die sportlich zusammengekniffenen Augen, die prustende Nase und den schnaubenden Mund zu fahren, wenn Ihr tropfend aus dem Chlorwasser auftaucht; an den Bushaltestellen Euer Haar im Wind wehen zu lassen; verträumt an Euren Ringen zu drehen, als wären es Eheringe, die Ihr vom Finger schrauben müßtet, um Euer außereheliches Betätigungsfeld ein bißchen zu erweitern; mit spitzer Zunge den Tabakkrümel von Eurer Oberlippe zu angeln, um ihn dann mit ebenso spitzem Finger von der mittlerweile wieder breiten, so breiten Zunge zu fischen; so zu lächeln, als wäre alles möglich auf dieser Welt, als könnte einen gleich nichts mehr halten, als ging´s gleich endlich mal so richtig los; so gut nach frisch geföhntem Haar zu riechen; Euch so klasse anzufühlen; mit so einem dicken Wasserfilm auf Euch aus dem Schwimmbecken zu klettern, daß man sofort Lust bekommt, Euch zu trinken; Eure Augenbrauen so gekonnt diskret und schwungvoll in Richtung Schläfen sich ausdünnen zu lassen; so wenig Haare in der Nase zu haben; Euch so total schön anzuziehen; Euch mal eben einfach so zu verlieben, daß man´s Euch schon fast glauben möchte; so eine zarte Haut an den Tag zu legen, als hätte Eure Mutti Palmolive in der Fruchtblase gehabt; in der Erinnerung regelmäßig zum schweren Wein der Melancholie zu reifen, statt zum Essig der Ranküne zu vergären; einem immer so einen Unsinn im Hirn erblühen zu lassen; manchmal so schön blond zu sein, dann wieder so verführerisch rothaarig, um an der nächsten Ecke plötzlich in einem matt-schimmernden Auberginenton zu leuchten, ohne auf einer nächsten Inkarnationsstufe, eine Ecke weiter, auf das Kastanienbraun verzichten zu wollen; so schön sein zu wollen wie diese Frau dort am Ecktisch hinter der kräuselnd von ihrer Zigarette sich abschälenden Rauchspirale - so schön kann man nämlich gar nicht sein; Eure optisch so reizvolle Note in der Bassingegend mit gut geschnittenen Cordhosen zu unterstreichen; Euch am hellichten Tage an verschwiegenen Orten ohne Scham hinzugeben; einem Schmetterlinge unter die Bauchdecke zu nadeln; genauso gut im Halbprofil vor einem hellen Fenster wie im Vollprofil vor einer bunten Blumentapete auszusehen; auf einer frisch geweißelten Häuserwand Euren Schatten mit dem eines vorüberfliegenden Taubenschwarms verschmelzen zu lassen; mit eingeknicktem rechten Bein vor der Staffelei zu stehen, in der linken Hand die ganze Palette von Zunge im Ohr bis Beziehung im Arsch; ohne klar formulierte Bindungsabsicht in der S-Bahn zu sitzen und unter einem fransigen Pony und einem blickdichten Blick hervorzulächeln; mit sparsamen Gesten ein Frühstücksei zu pellen und dabei ungekämmt die nackten Füße unter dem Tisch übereinanderzulegen und lustig mit den Zehen zu wackeln; ab und an einfach Euren Blick auf dem Seitenstreifen zu parken und den Engeln beim Häkeln zuzugucken; und dann plötzlich und wie aus dem Nichts eine bedrohliche erotische Eigendynamik zu entwickeln, vor der man ziemlich ratlos steht.

Könnt Ihr mal eben damit aufhören?

Ihr macht einen ja ganz kirre!