Stephan Maus

Satoshi Nakamoto

Im August 2008 beschloss ich, mich aus dem liederlichen Literaturbetrieb zurückzuziehen und gänzlich mit dem Schreiben aufzuhören.

Die kalkulierte Weichheit kampagnenhafter Bücherfluten voll aufgestocherten Meinungsschlamms widerte mich nur noch an. Sollten sich doch die Hooligans des Firlefanzes draußen am Rande der Stadt fortan allein um Ruhm und Ehre prügeln. Bestseller sind für Idioten, die zu geizig sind, das Abo für DVB-T2 zu zahlen.

Die riesige Serverfarm, die bislang all meine experimentellen Romane errechnet hatte, lag nach meinem mutigen Rückzug plötzlich brach. Stille in meinem Maschinenraum unten im Kellergewölbe. Das Haus kühlte aus, denn für gewöhnlich nutzte ich die Server-Abwärme zum Heizen. Es war ungemütlich.

An einem kalten Herbstabend 2008 schrieb ich bei einer Flasche Corbières die Bitcoin-Software. Es war das Wunderbarste, das jemals meinem Gänsekiel entströmte. 50 Tausend Zeilen strahlender C++-Code. Reine Kryptoschönheit. Pure Avantgarde.

Seit jenem Herbstabend nutze ich die Rechenkraft in meinem Keller, um Kryptowährung zu schürfen; seit jenem Herbstabend steigen die Kurse; seit jenem Herbstabend ist es wieder warm in meinem Haus.

Literaturkritiker interessieren mich nicht mehr. Ich bin jetzt der Alptraum aller Notenbanker.